Wohin gehen wir ?

 

Geht es Dir auch so, dass Du die Ruhe und Langsamkeit genießt, die gerade vorhanden sind? Hast auch Du Dich, so wie ich, schon bei dem Wunsch ertappt, dass es noch eine Weile so bleiben möge?

 

Die Welt, wie sie bisher war, war mir oft zu laut, zu hektisch und zu schnell. Vor allem aber waren mir die Menschen zu oft zu weit von sich selbst entfernt. Das Anhalten der Welt tut mir gerade sehr gut. Ich genieße die nächtliche Stille und den Platz beim Fahrradfahren. Und ganz ehrlich – dass die Menschen „mir“ jetzt aus dem Weg gehen, finde ich wunderbar. Kein Anrempeln mehr und das mitten in Berlin! Wow!

Aus meiner Sicht ist diese Situation eine großartige Gelegenheit für die Menschheit. Ich verkneife mir den bereits endlos rezitierten Satz „Krise als Chance“ und denke ihn nur so vor mich hin. Tatsächlich besteht in einem Zusammenbruch jedoch immer die große Chance, etwas Neues aufzubauen. Was zusammenfällt, kann neu errichtet werden. Hier passiert gerade genau das, was es oftmals braucht, um eine Veränderung zu bewirken: Innehalten.

 

Wie die Welt vorher war

 

Wenn ich mir die Welt anschaue, wie sie „vorher“ war, dann sehe ich (nicht nur, aber auch) in etwa das:

Millionen Menschen sitzen Sonntag abends vorm Fernsehen und schauen sich Morde an. Sie nennen das Unterhaltung.

Millionen Menschen reisen in Flugzeugen durch die Welt und verschmutzen die Umwelt. Fast alle von ihnen sind davon überzeugt, dass ihnen das zusteht.

Ein Großteil der Menschen glaubt daran, dass die Schulmedizin mehr Heilung bringe, als sie selbst es oder Mutter Natur es könnte. Sie glauben an die Pharmaindustrie, deren Kund*innen zu einem großen Teil dieselben sind wie die der Zuckerindustrie, der Tabakindustrie und der Alkoholindustrie.

Menschen ermorden und essen Milliarden von Tieren, nachdem sie vorher ihr kurzes Leben lang auf zu engem Raum gequält wurden. Sie denken, sie haben das Recht dazu.

Menschen verspotten, foltern und ermorden andere Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder sonst etwas, was nicht ihren eigenen Ansichten entspricht.

Natürlich gibt es zwischen all dem immer mehr Menschen, die all das sehen, es kritisieren und dafür aufstehen, dass die Welt, also die Menschen, sich ändern.

Doch der Klimawandel kommt immer schneller und das Erwachen der Menschheit kommt sehr langsam.

 

Wie nutzen wir die Stille?

 

Und jetzt hat es gekracht. Ausgelöst durch einen Virus, den wir selbst mitverursacht haben, steht die Welt still. In dieser Stille sind wir gerade alle miteinander verbunden. Das sind wir sowieso, aber jetzt können wir es viel deutlicher wahrnehmen.

Die große Frage, die ich stelle, ist: Wie nutzen wir diese Stille? Richten wir den Blick nach innen oder schauen wir weiterhin nur nach vorne?

Was ich jetzt gerade in der Welt sehe, ist:

Ganz viel Kreativität, die entsteht. Menschen kommen auf die interessantesten Ideen, jetzt, wo sie Zeit haben. (Hast Du auch so viele Videos zugeschickt bekommen…?)

Solidarität und Gemeinschaft. Gerade wegen der Abstandsregelung suchen und brauchen Menschen Nähe. Dafür werden sie erfinderisch, versammeln sich auf Balkonen und singen gemeinsam. Sie unterstützen einander und bieten ihre Hilfe an.

Die Natur erholt sich. Tiere nehmen wieder mehr Platz in der Stadt ein, wenn auch nur nachts. Die Luft wird besser, durch die geringe Anzahl an Autos, Schiffen und Flugzeugen, die unterwegs sind.

Es gibt Forderungen nach mehr Lebensraum für Tiere und Umwelt.

In Spanien wird ernsthaft über das Grundeinkommen diskutiert.

Es gibt Plakatwände mit Blumenwiesen statt mit Konsumwerbung (siehe Bild)

 

Setzen wir uns füreinander ein?

 

All das macht mir sehr viel Hoffnung. Gleichzeitig sehe ich ab und zu die Nachrichten und bekomme wieder Zweifel:

Schaffen wir es nicht, 20.000 Menschen nach Deutschland oder Europa zu holen, sondern überlassen sie lieber an der griechischen Grenze ihrem Schicksal?

Gerade die Ärmsten sind überall auf der Welt am meisten betroffen. Treten wir dafür ein, sie zu unterstützen und die Spaltung zwischen arm und reich zu beseitigen?

Es zeichnet sich ab, dass es wieder einmal Frauen sind, die Verliererinnen der Krise sein werden. Tun wir uns alle zusammen und kämpfen für Gleichberechtigung?

Wir haben es in der Hand. Machen wir dicht und gehen in die Angst oder öffnen wir uns und gehen in die Liebe? Jede und jeder Einzelne von uns kann sich entscheiden, wie sie*er mit der Situation umgeht. Die Möglichkeit des Innehaltens im Außen bietet uns die Möglichkeit des Innehaltens im Innen. In dieser Stille kann Veränderung entstehen, die immer zuerst im einzelnen Menschen entsteht. Und damit in Dir.

Wie gehst Du mit der Situation gerade um?

Hast Du schon hineingespürt, was momentan in Dir los ist und Dir erlaubt, zu fühlen, was da ist?

Das ist nach dem Innehalten der nächste Schritt, um eine Veränderung in Dir zu bewirken. Indem Du Dich veränderst, bringst Du Veränderung in die Welt. Denn wir bringen das nach außen, was in uns ist.

Was möchtest Du in die Welt bringen?